Wir hatten die Möglichkeit bei zwei Prozessen als Zuhörer im Gerichtssaal den Verhandlungen zu folgen. Bei der ersten Verhandlung ist es um das Delikt der „beharrlichen Verfolgung“ im Volksmund Stalking gegangen. Der Beschuldigte soll seine ehemalige Lebensgefährtin bis zu 30 mal am Tag angerufen haben, obwohl sie dies nach der Trennung nicht mehr wollte. Dieses Verfahren hat mit einer sog. „Diversion“ geendet, d.h. keine Verurteilung, aber der Beschuldigte darf sich seiner Lebensgefährtin zwei Jahre nicht nähern.
Bei der zweiten Verhandlung sind die beiden Beschuldigten Frauen in Handschellen aus dem Gefangenenhaus mit JustizwachebeamtenInnen vorgeführt worden. Es waren Mutter und Tochter, die einer alten Frau die Geldbörse gestohlen haben und beim Verlassen aus dem Geschäft von der Polizei festgenommen wurden. Die Verhandlung wurde von einer Gerichtsdolmetscherin übersetzt. Beide sind zu einer mehrmonatigen Haftstrafe verurteilt worden, davon ein Teil unbedingt. Das war für alle ernüchternd – die Theorie im Unterricht sieht dann in der Realität ganz anders aus!